Natur

Todeszone Eisberg: der letzte große Kitzel

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Die einheimischen Fischer halten sie für verrückt: Eisbergkletterer (c) Bernadette Calonego
Die einheimischen Fischer halten sie für verrückt: Eisbergkletterer (c) Bernadette Calonego

von Bernadette Calonego

Sarah George späht angespannt auf den Ozean hinaus. Dort draußen auf dem Nordatlantik nähert sich ein zerbrechliches Boot einem Eisberg. Der weiße Riese schaukelt in den aufgewühlten Wogen vor der Nordspitze Newfoundlands. Sarah kennt das Gefühl. Nicht weit von hier hat die 25-jährige Bergführerin aus dem US-Staat West Virginia einen Eisberg bestiegen – als eine von nur zwei Frauen auf der Welt und als erste Frau ohne Seil. „Es war furchterregend“, sagt sie, „und ich will es nie wieder tun.“
Damals schien die Sonne, und der Eisberg war eher klein. Heute aber bläst der Wind von Nordosten, das macht die See nahe dem kanadischen Fischerdorf Hay Cove unberechenbar. Sarahs Kletterfreunde Don Wargowsky und Tom Prigg sind mit dem einheimischen Fischer Godfrey Parsons zum Eisberg hinausgefahren, um die Lage zu prüfen. Die beiden wollen den gläsernen Gipfel mit drei anderen Abenteurern besteigen. Jetzt sind sie von der Erkundung zurück und legen an der kleinen Werft von Hay Cove an.
„Ich glaube, wir verschieben das Ganze besser auf morgen“, sagt Wargowsky, als er Halt auf den Holzplanken sucht. Der Kunstlehrer aus der amerikanischen Stadt Pittsburgh ist sichtlich nervös. Er weiß, dass ein Eisberg jederzeit und ohne Warnsignal auseinanderbrechen oder kentern kann. Nicht nur das: Die heftigen Wogen könnten die Kletterer zwischen Eis und Boot zermalmen. Es sieht nicht gut aus. „Die Wogen sind arg“, sagt Prigg, „und der Eisberg dreht sich wie verrückt.“ Sein Gesicht ist starr vor Besorgnis, als er sich aus dem Motorboot auf den Landesteg hievt. Es scheint, als sei dem Amerikaner erst richtig aufgegangen, wie gefährlich sein Vorhaben ist. „Russisches Roulette“, sagt er und bläst seinen Atem in die kalte Luft, „es ist wirklich russisches Roulette.“
Vierundvierzig Stunden sind die Extremkletterer mit einem Reisebus von Pittsburgh in den Norden der kanadischen Insel Newfoundland gefahren. Für Wargowsky und Prigg ist es das zweite Mal. „Aber diesmal wollen wir einen riesigen Eisberg weit draußen im Ozean besteigen“, haben sie den Einheimischen erklärt. Diese halten die Amerikaner für verrückt.
“Ich habe zuviele Eisberge vor meinen Augen auseinanderbrechen sehen“, sagt ein Fischer. „Man könnte mir hunderttausend Dollar zahlen und ich würd`s nicht tun.“ Godfrey Parsons weigert sich, die Gruppe in seinem kleinen Motorboot zu einem freischwimmenden Eisberg weit vor der Küste zu fahren: Die Strömung sei viel zu stark, die Entfernung zu groß. Auch Sarah ist mulmig zumute. Ihr Bruder Eliot will es zum ersten Mal auf einem Eisberg versuchen.
Den vollständigen Artikel von Bernadette Calonego und viele weitere Beiträge aus den Ressorts Travel & Outdoors, Emigration & Working Holidays, Culture & Lifestyle lesen Sie in der neuen Ausgabe von 360° Kanada (Nr. 3/2012). Ab 14. Juni im Zeitschriftenhandel erhältlich oder unter redaktion@360grad-medien.de (als Printmagazin oder PDF).

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2 Comments

  1. Jetzt bin ich überrascht. Ich wusste nicht, dass es mittlerweile auch Eisbergklettern gibt. Der Mensch muss sich wohl immer mehr neue Grenzgangmöglichkeiten ausdenken, um sich selbst finden zu können. Jetzt nach dem jeder auf den Mount Everest steigen kann, muss eben etwas neues her.
    Ich kann die Fischer verstehen 😉

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