Ebbe und Flut, ein Ereignis, dass sich an vielen Meeresküsten der Erde abspielt. Aber nirgends wo so beeindruckend und gewaltig wie in der Bay of Fundy.
Die 220 Kilometer lange und bis zu 60 Kilometer breite Bucht liegt am Golf von Maine zwischen den Provinzen Nova Scotia und New Brunswick.
Die unvorstellbare Menge von 160 Milliarden Tonnen Wasser bewegt sich im Spiel von Ebbe und Flut zweimal am Tag in die Bucht hinein und wieder heraus.
Wer ist schuld an diesem Naturphänomen, dass sich jeden Tag in der Bay of Fundy mit unvorstellbarer Macht und Gewalt abspielt? Natürlich unser Nachbar, der Mond. Denn der Erdtrabant sorgt für die Gezeiten, Ebbe und Flut mit seiner Anziehungskraft.
In die Bay of Fundy, deren Namen sich von der portugiesischen Namensgebung Rio Fondo, das heißt Tiefer Fluss, ableitet, scheint sich der Mond besonders verliebt zu haben.
13 Meter beträgt der Tidenhub bei Normalhochwasser, bis zu 16 Metern bei Springflut und bei einem Sturmereignis im Jahr 1869 wurden sogar 21,5 Meter gemessen. So oder so finden sich im sogenannten Minas Becken in der Bay of Fundy die höchsten Tidenunterschiede der Welt.
Die Tide der Bay of Fundy im Zeitraffer
- 160 Milliarden Tonnen Wasser bewegen sich zweimal täglich in die Bay of Fundy hinein und heraus
- Höchster Tidenhub der Welt mit 13 – 16 Metern Unterscheid zwischen Ebbe und Flut
- Höchster je gemessener Tidenhub war 21,5 Meter im Jahr 1869
- Die Tide ändert die Fliessrichtigung der Zufluesse bei Flut
Der Tidenhub wird, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg, wirtschaftlich zur Erzeugung von elektrischer Energie genutzt, seit 1984 mit dem Gezeitenkraftwerk Annapolis. Weniger erfolgreich verlief ein Probebetrieb eines am Boden verankerten, aber sonst frei im Wasser schwebenden Kraftwerkes. Der Probebetrieb musste 2018 eingestellt werden, nachdem der Betreiber Insolvenz anmelden musste.
In der Bay of Fundy ist auch für die Fischerei von Bedeutung, vor allen Dingen Hering, Amerikanischer Hummer, Muscheln sowie Lachs aus Aquakulturen werden gefangen bzw. produziert.
Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse an der Bay of Fundy
An der Bay of Fundy gibt es viele Naturerlebnisse und Sehenswürdigkeiten, die es zu entdecken gilt. Nachfolgend stellen wir euch einige vor, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn die Auswahl in beiden Provinzen ist riesig.
Umkehr der Fließrichtung der Zuflüsse in die Bay of Fundy
Ein besonderes Naturereignis und Erlebnis gibt es an den Zuflüssen in die Bay of Fundy zu bestaunen. Durch die unvorstellbar großen Wassermassen, die bei Hochwasser in die Bucht drücken, kehrt sich die Fließrichtung um, das Wasser fließt in den Flüssen aufwärts.
Die Hopewell Rocks
Die bekannte Gesteinsformation Hopewell Rocks wurde durch die Gezeiten erschaffen. Die Erosion von Ebbe und Flut hat die an Blumentöpfe erinnernden Felsen geschaffen, die zweimal täglich unter Wasser stehen.
Die am Hopewell Cape stehenden Felsen gehören zur Provinz New Brunswick, man kann sie bei hohem Wasserstand mit dem Kajak oder Kanu anfahren, bei Niedrigwasser kann man die Hopewell Rocks vom Meeresboden aus erkunden und entdecken.
Auf der Internetseite des Hopewell Rock Provincial Park erfahrt ihr mehr zu Aktuellem, dem Tidenkalender und dem derzeitigen Wasserstand an den Rocks.
Der Fundy Nationalpark
Der 1948 gegründete Fundy Nationalpark ist der älteste der Atlantikprovinz New Brunswick oder Neubraunschweig. Der in der Nähe der Stadt Moncton gelegene 206 Quadratkilometer großen Park ist mit seiner Seeküste und seinen Küstenwälder seit dem Jahr 2007 Kerngebiet des sich dort befindlichen UNESCO Biosphärenreservats.
Seit 2011 ist der von Lichtverschmutzung verschont gebliebene Naturreservat auch Dark Sky Preserve, also ein Lichtschutzgebiet. Auch im Fundy Nationalpark kann man bei Ebbe den Meeresboden entdecken, über Holzstege lassen sich auch die Wälder und das Sumpfgebiet erwandern. Im Parkgelände gibt es mehr als 20 Wasserfälle erkunden und erleben.
Die Annapolis Royal Historic Gardens
Es geht in die Provinz Nova Scotia, in das 17 Hektar großen Areal der Annapolis Royal Historic Gardens, die die erste dauerhafte Besiedlung durch Europäer im historischen Annapolis Royal ab dem Jahr 1605 dokumentieren.
Gärten und landwirtschaftliche Flächen auf den durch die Akadier trocken gelegten, sehr fruchtbaren Salzwiesen bestimmten seit dem 17. Jahrhundert die Gegend rund um die Siedlung Annapolis Royal.
Im Laufe der Jahre geriet die Tradition der Gärten durch Bautätigkeiten und andere Geschehnisse in Vergessen, bis sich in der Mitte der 1970er Jahre Stadtverwaltung und engagierte Bürger aufmachten, die historischen Gärten von Annapolis Royal wiedererstehen zu lassen.
Am 15. August 1981 war es dann soweit, die Historischen Gärten, ein reiches kulturelles Erbe der Region wurden eröffnet und avancierten schnell zu einer der Attraktionen in der Atlantikprovinz Nova Scotia.
Die Fort Anne National Historic Site
Das im Jahr 1629 gegründete Vier-Sterne-Fort diente dem Schutz des Hafens von Annapolis Royal. Mit Hilfe des Forts gelang es den Briten, alle Angriffe der Franzosen abzuwehren. Im Jahr 1920 wurde das Bollwerk zur Fort Anne National Historic Site of Canada erklärt.
In den 1930er Jahren wurde das Offiziersquartier aus dem Jahre 1797 umfassend renoviert. Es beherbergt heute das Museum, in dem es viele Exponate aus der Geschichte des Fort Anne sowie historische Artefakte, die in der Umgebung gefunden wurden, zu sehen gibt.
Die Kulturlandschaft Grand Pré
Unmittelbar bei der namensgebenden Siedlung Grand-Pré in Nova Scotia gelegen, zeigt die Kulturlandschaft Grand Pré die Entwicklung der Landwirtschaft und der Deichwirtschaft durch die Akadier ab dem 17. Jahrhundert.
Sie liegt am Südufer des Minas Beckens, dem Teil der Bay of Fundy mit dem höchsten Tidenunterschied weltweit. Die 1323 Hektar Kulturlandschaft sind seit dem Jahr 2012 UNESCO Weltkulturerbe.
Dazu kommt eine Pufferzone von 5856 Hektar. Vor der Ernennung zum Weltkulturerbe waren Teile der Kulturlandschaft Grand Pre und seine Schleusen- und Entwässerungsbauwerke bereits 1982 zur Grand-Pré National Historic Site of Canada erklärt.
Das Annapolis Royal Tidal Power Project
Das Gezeitenkraftwerk Annapolis Royal, Nova Scotia ist in Dammbauweise mit einer Dammlänge von 225 Metern erstellt. Es liegt im Mündungstrichter des Annapolis River in die Bay of Fundy. Am Kraftwerk beträgt der Tidenhub bis zu sieben Meter. Ursprünglich war das Gezeitenkraftwerk zur Zeit seiner Entstehung mehr ein Forschungsprojekt, denn in den 1980er Jahren lagen noch wenige Erfahrungswerke mit derartigen Kraftwerken vor. Es war aber damals schon nach dem Gezeitenkraftwerk Rance in Frankreich das zweitgrößte seiner Art. Das Kraftwerk mit einer Kaplan-Turbine mit einem Laufraddurchmesser von 7,6 Metern erzeugt eine Jahresleistung von ungefähr 50 GWh. Im Besucherzentrum können sich die Gäste über den Bau und den Betrieb des Gezeitenkraftwerks informieren.
Update zum Annapolis Royal Tidal Power Project
Anfang März 2021 wurde über die Presse die endgültige Schließung des Gezeitenkraftwerke bekannt gegeben, nachdem der Betrieb im Jahr 2019 eingestellt wurde. Mit ein Grund für die Stilllegung waren auch negative Auswirkungen auf die Meeresbiologie.
In Gesprächen mit Nova Scotia Power hat sich der ehemalige Bürgermeister der Stadt Annapolis Royal, Bill MacDonald, dafür eingesetzt, aus der Kraftwerkanlage zu einem Klima- und Umweltforschungszentrum von Weltrang umgenutzt wird. Die Initiatoren-Gruppe nennt sich “Annapolis Climate and Ecological Research Centre Coalition”.
Der Stonehammer UNESCO Global Geopark
Er ist der erste Geopark in Nordamerika, der in New Brunswick liegende Stonehammer UNESCO Global Geopark. Inmitten einer Landschaft, die vor einer Milliarde Jahren bis zur jüngsten Eiszeit durch die Kollison von Kontinenten, die Schließung und Öffnung von Ozeanen, Vulkanausbrüchen, Erdbeben, Eiszeiten und Klimawandel entstanden ist, darf, ja soll der Besucher neugierig sein auf Geologie und andere Menschen erleben.
Zum Beispiel beim wandern, Kajak fahren, Klettern und mehr. Viel Spaß ist garantiert beim Besuch des Stonehammer UNESCO Global Geopark. Den Forschergeist wecken unter anderem der Geburtsort des Atlantiks, vulkanisches Gestein, mehr als 13.000 Jahre alte Meerestiere und mehr.
Der Saint John City Market
Gegründet und beurkundet im Jahr 1785 ist der Saint John City Market der älteste dauerhaft und nahtlos betriebene Bauernmarkt in Kanada. Am jetzigen Standort ist der Farmersmarket seit 1876 etabliert. Das Dach des Marktgebäudes erinnert an einen umgedrehten Schiffskiel.
Einige der Marktbeschickerfamilien sind seit mehr als hundert Jahren auf dem Saint John City Market tätig. Es lohnt sich, den Bauernmarkt zu besuchen und natürlich die Produkte zu verkosten. Im Jahr 1986 wurde der Saint John City Market zur National Historic Site of Canada erklärt.