Liberale verfehlen aber die von Trudeau angestrebte absolute Mehrheit
Nach ersten Hochrechnungen aus Kanada liegt der amtierende Premier Justin Trudeau bei den vorgezogenen Neuwahlen mit seiner liberalen Partei vorne. Allerdings verpasst Trudeau die von ihm erhoffte absoluten Mehrheit der Sitze. Nach Auszählung von 82 Prozent der Wählerstimmen (Stand 7:15 Uhr) erreichen die Liberalen 156 Sitze, für eine absoluten Mehrheit wären 170 und mehr Sitze nötig. Die derzeit 156 Sitze wären für die Liberalen ein Sitz mehr, als sie bei der letzten Wahl im Jahr 2019 erringen konnte.
Mit diesem Ergebnis lässt der amtierende Premier seinen Widersacher Erin O’Toole von der Konservativen Partei, die derzeit bei 121 Sitzen liegt, hinter sich, wird aber wohl auch in den kommenden Jahren mit einer Minderheitsregierung arbeiten müssen. Justin Trudeau hatte die Wahl am gestrigen Montag auch deshalb vorzeitig ausgerufen, um mit seiner Partei aus der Minderheitsregierung zu kommen und die absolute Mehrheit zu gewinnen. Traditionell werden in Kanada keine Koalitionen mit anderen Parteien geschlossen, man regiert mit absoluter Mehrheit oder eben mit einer Minderheitsregierung, wie zuletzt seit 2019.
Justin Trudeau kann in einer dritten Amtszeit weiterregieren
Dass Justin Trudeau nun einer dritten Amtszeit entgegen sehen kann, ist dem kanadischen Wahlsystem geschuldet, es kommt der liberalen Partei Kanadas zuguten. Denn die Mandate in dem riesigen Land mit 38 Millionen Einwohnern werden in nur 338 Bundeswahlbezirken nach dem Prinzip der absoluten Mehrheit vergeben. Die große Menge der Wähler konzentriert sich auf die eher liberalen Großstädte des Landes, wie Toronto, Montreal und Vancouver. Lediglich manche Wahlbezirke in den Vorstädten der Metropolen wie Mississauga bei Toronto sind teilweise heiss umkämpft, sie ähneln teilweise den Swing States in den USA.
Trudeau, der Kanada, das zweitgrößte Land der Erde, seit 2015 regiert, wird mit dem Wahlergebnis eine dritte Amtszeit ermöglicht, wohl aber wird es nach derzeitigem Stand wieder eine Minderheitsregierung werden und damit rund zwei Jahre an der Regierung sein. Trudeaus Herausforderer Erin O’Toole und seiner Conservative Party wird nur die Rolle des Oppositionsführers bleiben.
Herausforderer Erin O’Toole ist gescheitert
Die vorgezogene Wahl, die der 49-jährige Premier ausgerufen hat, wurde in Kanada auch teilweise scharf kritisiert. Die Spitzenkandidaten der anderen Parteien warfen Trudeau vor, für den Gewinn der nun verfehlten absoluten Mehrheit die Gesundheit der Wähler in Kanada aufs Spiel gesetzt zu haben und im Kampf gegen Covod-19 und der vierten Welle der Pandemie wertvolle Zeit verschwendet zu haben.
Letztendlich hat in diesem Wahlkampf in dem es hauptsächlich um die Klimakrise, die steigenden Lebenshaltungskosten und die Gesundheitsversorgung ging, niemand gewonnen. Weder Trudeau, der auf die Mehrheit der Sitze hoffte, noch sein Herausforderer O’Toole, der versuchte, den amtierenden Premier abzulösen.