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Kolumne von Bernadette Calonego – Neufundlands verlassene Dörfer

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Wusstet ihr, dass …

… im kanadischen Neufundland von 1954 bis 1975 rund 300 entlegene Fischersiedlungen verlassen wurden und dass man in vielen Fällen die Überreste zu Fuß oder per Boot erreichen und besichtigen kann?

LaManche war einst ein Fischerdorf auf der Avalon-Halbinsel, mit 54 Einwohnern an einem Fjord, der vor einer Hängebrücke überspannt wurde. Es gab eine katholische Kirche und eine Schule. Im Jahr 1961 war die Schule verschwunden und nur noch 25 Menschen lebten in LaManche. Nach einem Wintersturm Anfang 1966, der Häuser und Fischerschuppen, aber auch die alte Brücke beschädigte, gaben die Bewohner das Dorf für immer auf. Heute kann man auf einem Pfad nach LaManche wandern und den wildromantischen Fjord auf einer neuerbauten Hängebrücke überqueren. Im Gras und an den Felsen entdeckt man einige der Häuserfundamente mit alten Steintreppen oder Mauerresten. Die Wanderung nach LaManche ist Teil des Fernwanderwegs East Coast Trail.

Hausruine in LaManche, Neufundland. Foto Bernadette Calonego
Hausruine in LaManche, Neufundland. Foto Bernadette Calonego

Viele der verlassenen Dörfer Neufundlands wurden auf Betreiben der Behörden aufgegeben

Viele der Siedlungen, die einst größtenteils nur per Boot erreichbar waren, wurden auf Betreiben der Behörden von den Bewohnern aufgegeben. Die Provinz konnte es sich nicht mehr leisten, die isolierten Dörfer mit Strom und Straßen zu versorgen. Die Bewohner erhielten eine größere Summe, damit sie sich anderswo niederlassen. Insgesamt wurden auf diese Weise fast 30000 Menschen umgesiedelt.
Seit dem Jahr 2000 können Dorfbewohner darüber abstimmen, und es braucht für die Entscheidung mindestens eine 90-Prozent-Mehrheit. Noch im vergangenen Jahr siedelten die Bewohner der winzigen Insel Little Bay Islands aufs Festland um, nachdem sich die Bewohner darauf geeinigt hatten.

In dieser Bucht stand einst die Siedlung Little Brehat. Foto Bernadette Calonego
In dieser Bucht stand einst die Siedlung Little Brehat. Foto Bernadette Calonego

Die verlassenen Dörfer Neufundlands lassen sich auf Wanderungen entdecken

Die Holzgebäude dieser verlassenen Dörfer zerfallen rasch. In Fortune nahe St. Anthony an der Nordspitze der Insel Neufundland ist nur noch ein stark beschädigtes Haus und die kümmerlichen Reste der Kirche zu sehen.
In Big Brook an der Westküste Neufundlands haben ehemalige Bewohner verlassene Häuser in rustikale Ferienchalets umgewandelt – ohne Strom und fließendes Wasser. Manche Häuser wurden früher auch auf Flößen zu neuen Ufern transportiert. Für Touristen sind die Ruinen der Dörfer ein lohnenswertes Ziel, ein Ort, wo sie in die Vergangenheit Neufundlands eintauchen können.

Wanderweg nach LaManche

Ein verlassenes Haus in Big Brook. Foto Bernadette Calonego
Ein verlassenes Haus in Big Brook. Foto Bernadette Calonego


Author

Journalistin, Auslandskorrespondentin, Krimiautorin, Abenteurerin: Bernadette Calonego lebt und arbeitet seit über 20 Jahren in Kanada. Sie teilt ihre Zeit zwischen der Sunshine Coast nahe Vancouver und dem Norden Neufundlands. Jahrelang hat sie regelmäßig Berichte für die Süddeutsche Zeitung, den Tages-Anzeiger in Zürich und den Standard in Wien verfasst. Heute konzentriert sie sich auf ihre Kanada-Krimis. Ihr neuestes Buch "Kalte Klippen" spielt in Neufundland. Bernadette Calonego besitzt sowohl den kanadischen wie auch den Schweizer Pass und liebt Kanada immer noch genauso heiß wie am Tag ihrer Auswanderung.

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